Verein und Laden feiern Jubiläum

22.01.2020

40 Jahre „Fairer Handel“ in Neuwied –

Vor 40 Jahren war der Gründungsparteitag der „Grünen“ in Karlsruhe, der erste Golfkrieg begann, Ronald Reagan wurde Präsident in den USA, Rubiks Zauberwürfel begann seinen Siegeszug in Deutschland – und in Neuwied entschlossen sich 36 Frauen und Männer, den Verein Aktion Eine Welt zu gründen und einen Eine-Welt-Laden in der Langendorfer Straße zu eröffnen.


Sie wollten sich nicht mehr abfinden mit den unfairen Handelsbedingungen, die dafür sorgen, dass Industrienationen immer reicher werden zu Lasten vieler sogenannter Entwicklungsländer, sie wandten sich gegen die Produktion von Lebensmitteln und Waren unter unmenschlichen Bedingungen ohne jegliche soziale Absicherung der Produzenten in den armen Ländern unserer einen Welt, statt Kinderarbeit sollten die Kinder in diesen Ländern ihre Chance auf Bildung haben und als Kinder leben dürfen. Die 36 Gründerinnen und Gründer in Neuwied wollten mit dem Verkauf der fair gehandelten Produkte Sozial- und Bildungseinrichtungen vor Ort in den Herkunftsländern fördern und sie wollten eine nachhaltige Entwicklung anstoßen, so dass die Produzenten mit einem regelmäßigen Einkommen rechnen können, ohne den starken Schwankungen am Weltmarkt unterworfen zu sein, um mit ihren Familien ein Leben in Würde führen zu können und auch nachfolgenden Generationen eine Perspektive zu geben. Neben dem Verkauf fair gehandelter Produkte sollte auch das Thema Bildung und Information für uns Konsumenten im Vordergrund stehen, um einen Bewusstseinswandel zu erreichen. Es ist wohl kein Wunder, dass viele der Gründerinnen und Gründer einen christlichen Hintergrund hatten und aus ihrem Glauben heraus die Zuversicht, den Mut und die Energie für das Wagnis der Gründung und des Betreibens eines rein ehrenamtlichen Ladens schöpften, nicht ohne finanzielles Risiko.
 

Und heute, 40 Jahre nach der Gründung? Es gibt weiterhin Not und Elend, Menschen hungern und Kinder verhungern, es gibt Kinderarbeit und unmenschliche Produktionsbedingungen, die auch den Tod von Menschen in Kauf nehmen z. B. in der Bekleidungsindustrie, damit in den Industrieländern Kleidung möglichst billig angeboten werden kann. Niemand hierzulande sollte dies ignorieren.
 

Aber: Das kleine Pflänzchen „Fairer Handel“, dessen Zukunft im Jahr 1980 noch völlig ungewiss war, hat sich zu einem schlanken Baum entwickelt, mit noch viel Wachstumspotential, aber immerhin. Es gibt mittlerweile viele Fairhandelsgeschäfte, nicht nur in Deutschland, fair gehandelte Produkte werden auch in Supermärkten angeboten, auf kommunaler Ebene gibt es viele Fair-Trade-Kommunen, auch Stadt und Kreis Neuwied gehören dazu, die meisten fair gehandelten Produkte werden mittlerweile ökologisch hergestellt. Sicher, der „Faire Handel“ ist nach wie vor eine Nische im globalen Handel, aber er hat vielen Menschen geholfen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, und gibt ihnen bis heute eine Perspektive. Und in Teilen der Bevölkerung bei uns gibt es ein gesteigertes Bewusstsein im Hinblick auf fair gehandelte und biologisch produzierte Waren. Vielleicht wird auch die Klimaveränderung einen Beitrag dazu leisten, mehr auf nachhaltiges Wirtschaften zu setzen, gerade junge Menschen geben hier durchaus Grund für Zuversicht.
 

In Neuwied haben sich in den letzten 40 Jahren weit mehr als 100 Ehrenamtliche im Verein und im Laden, der sich seit 15 Jahren in der Marktstraße 62 befindet, engagiert. Hinzu kommen die vielen Kommissionsgruppen, insbesondere aus dem kirchlichen Bereich, die vor Ort die fair gehandelten Produkte verkaufen. Sie alle sorgen bis heute dafür, dass die Idee des „Fairen Handels“ in und um Neuwied lebendig ist. Einen Laden mit normalen Öffnungszeiten, mit der Organisation des Ein- und Verkaufs, der Buchhaltung, der Öffentlichkeitsarbeit, dem Betreiben einer Internetseite, der technischen Betreuung u. v. m. rein ehrenamtlich zu betreiben, das ist und bleibt eine Herausforderung, auf die wir rückblickend auch ein klein wenig stolz sein können.
 

Ob und wie lange der Laden Bestand haben wird, hängt ganz entscheidend davon ab, ob sich immer wieder Menschen finden, die sich für den Fairen Handel, gegen die Ungerechtigkeiten in der Welt und für lebenswerte Bedingungen überall auf unserer einen Welt engagieren. Wir sind deshalb ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das Ladenteam. Die Produzentinnen und Produzenten, die mit ihrer Hände Arbeit hochwertige Produkte herstellen, haben jedenfalls unser Engagement verdient.

Wie sagt ein afrikanisches Sprichwort: Viele kleine Leute in vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern. Lassen Sie uns weiterhin mit dazu beitragen, das Gesicht unserer Welt zu verändern.
 

Am 24. Mai 2020 feiert der Laden um 10 Uhr sein 40-jähriges Bestehen mit einem ökumenischen Festgottesdienst in der Marktkirche, anschließend findet ein Empfang im Gemeindehaus statt. Am 20. Juni 2020 gibt der Liedermacher Pascal Gentner um 19.00 Uhr ein Benefizkonzert im Gemeindehaus der Marktkirche. Zu allen Veranstaltungen herzliche Einladung an alle!

 

Bild zur Meldung: Unser Laden im Januar 2020